Schon mal was von „mental load“ gehört?

Viele Menschen – wahrscheinlich mehr Frauen als Männer, aber wir nennen sie jetzt einfach mal die „verantwortliche Person im Familienalltag (vPiF)“ um niemanden zu diskriminieren,- werden sich beim Lesen dieses Artikels wiederfinden. Etwas was sie schon lange spüren – auch manchmal schmerzhaft spüren – hat einen Namen. Mental Load. Mental Load beschreibt den Druck, der durch all die Aufgaben ausgelöst wird, die einen reibungslosen Familien-Alltag und Haushalt ermöglichen. Dazu gehören viele „unsichtbare Aufgaben“, die Planung und Organisation erfordern. Die Anstrengung oder Belastung ergibt sich zumeist nicht aus der zusätzlichen Arbeit, sondern aus der damit übernommenen Verantwortung. Es ist so, als würdest du ein Riesenprojekt, das aus unzähligen Einzelprojekten besteht, alleine verantworten. Du hast alles gleichzeitig im Blick, sowohl Zusammenhänge, zu Erledigendes, Befindlichkeiten und alle verlassen sich darauf, dass alles reibungslos funktioniert.

Ein Auszug aus den täglichen (wöchentlichen?) To do`s könnte wie folgt aus sehen: 

  • Geschenk kaufen für Kindergeburtstag
  • Zahnarztkontrolltermin vereinbaren
  • Freundin anrufen, um sich mit den Familien zu treffen
  • Kinderturnen
  • Reiten
  • Kinderschuhe kaufen
  • Auto in die Werkstatt
  • Elternsprechtag /Elternabend
  • Wintersachen sortieren, Sommersachen wegpacken
  • Computer der Eltern updaten

Und jede Aufgabe birgt in sich wieder eine Vielzahl von Aufgaben und vieles multipliziert sich auch mit der Anzahl der Kinder.

Was dort nicht steht: einkaufen, mit dem Hund raus, Meerschweinchen füttern, sauber machen, Wäsche waschen, kochen, bügeln, Kinder bei der Zahn- und Körperpflege unterstützen oder sie durchführen, Konflikte deeskaliieren, Trost spenden, bei den Hausaufgaben unterstützen, Wärmflaschen und Tee bei Bauchweh machen, die Nacht durchwachen bei anderen Krankheiten etc.  

Alles unter der Überschrift: Kindern eine geborgene Kindheit und den besten Start in ihr Leben zu ermöglichen. 

Na, wenn es mehr nicht ist 😉 Da sind wir doch alle direkt ganz entspannt. Vor allen Dingen, da die vPiF ja auch sehr viel Dank und Wertschätzung für diese Arbeit erhält 😉 und oft auch noch berufstätig ist.

Nun ist es ja nicht so, dass man wirklich immer alleine ist mit all den Aufgaben. Nein. Es gibt auch immer wieder Momente, wo die vPiF Hilfe angeboten bekommt. Oftmals auch sehr großmütig: wenn ich dich damit unterstützen kann!?

Hast du schon mal Aufgaben delegiert? Selbst wenn es reibungslos funktioniert, ist und bleibt es doch ein Handeln auf Anweisung und ist kein proaktives Handeln. Was also tun? Wie geht man mit diesem kognitiven Kraftaufwand um, der selbst im Urlaub keine wirkliche Pause findet?

Zunächst einmal:  es gibt nicht DAS Rezept und es sicher auch eher ein Prozess als eine schnelle Lösung. Wenn uns unsere Gesundheit am Herzen liegt und auch unser Wohlbefinden, dann sollten wir auf jeden Fall unsere bisherigen Routinen überprüfen und das ein oder andere Muster verändern. Deshalb zeigen wir euch im Folgenden einfach ein paar Möglichkeiten auf: 

 1. Bewusstsein durch Listen: Oftmals sind uns die vielen Aufgaben, die wir zu tun haben, an die wir denken müssen, gar nicht bewusst. Hier helfen schnöde Listen. Einfach mal ganz kleinteilig aufschreiben, was so am Tag anliegt, was nicht vergessen werden darf.

2. Liebevoll mit sich sein: Oft fragt man sich am Ende eines Tages: „Was habe ich heute eigentlich gemacht?“ Da von normalen Familientagen oft nichts Sichtbares zurückbleibt, entsteht schnell die Bewertung „Nichts“. Wenn du in solchen Momenten auf deine Liste schauen kannst, dann siehst du, welche Leistung du wirklich vollbracht hast – und dafür kannst du dich feiern. Vielleicht hört sich das für dich im ersten Augenblick komisch an. Aber mal ehrlich? Wer tut das sonst? Und fühlt es sich nicht gut an sich am Ende eines Tages zu sagen: Ich habe einen wunderbaren Tag für alle gestaltet. Als Facilitator haben wir einen Satz der besagt, dass wir dann besonders gute Arbeit geleistet haben, wenn man unser Tun nicht bemerkt hat. Also: sei ein Familien-Facilitator und ermögliche ein gutes Zusammensein. 

3. Liste als Grundlage für Veränderung: Die Liste kann dir auch dazu dienen zu entscheiden, was du davon wirklich selber machen musst und was du vielleicht auch abgeben könntest oder möchtest. 

4. Aufgaben abgeben:  Schau dir deine Aufgabenliste an. Frage dich bei den Aufgaben: Was genau ist zu tun? Ist diese Aufgabe in Abhängigkeit von anderen? Welche Ansprüche habe ich an die Erledigung dieser Aufgabe? Kann ich damit umgehen, wenn sie gänzlich anders ausgeführt wird, vergessen wird? Klar abgrenzbare Aufgabenbereiche sind immer sehr viel einfacher abzugeben, als Aufgaben, die in Abhängigkeit von anderen sind. Beispiel: Wäsche bügeln ist sehr klar abgrenzbar. Einkaufen ist abhängig von dem Essensplan der kommenden Tage. Es ist auch oftmals leichter Außenstehenden wie z.B. einem Fensterputzer eine Aufgabe zu übergeben, als an den eigenen Partner.

5. Loslassen 1: Wenn du Aufgaben abgegeben hast, dann musst du lernen mit den Konsequenzen zu leben. Vielleicht ist es nicht ganz so geworden, wie du es dir gewünscht hast – dann überprüfe für dich, ob und wenn ja wie schlimm das für dich ist. Sei großmütig, sonst machst du demnächst wieder alles selber. Lass andere auch ruhig die Konsequenzen spüren. Wenn du merkst das Brot geht zur Neige und du hast den Bereich Einkauf abgegeben, dann sitz es einfach mal aus.

6. Loslassen 2: Manchmal kann man auch einfach etwas weglassen. Müssen es beim Kindergeburtstag in der Schule tatsächlich die großartig verzierten selbstgemachten Muffins geben – oder reicht es vielleicht ein paar Chips oder Popcorn Wenn ich mich dann allerdings für die reichverzierten Muffins entscheide, weil es mir wirklich, wirklich wichtig ist, dann ist das eine bewusste Entscheidung, die ich auch leichter tragen kann. 

7. Austausch mit anderen vPiF: In deinem Umfeld gibt es bestimmt viele Menschen, die in einer ähnlichen Situation stecken. Manchmal hilft das geteilte Leid, aber schau auch vor allen Dingen auf die guten Lösungen, die die andere Person gefunden hat. Was könnte davon für dich passen? Und wenn du jemanden in deinem Umfeld hast, der solch alltägliche Belastungen ganz entspannt nimmt, dann schau mal genauer hin. Wie macht diese vPiF das? Was tut sie? Und wenn sich im Tun nicht so sehr die Unterschiede finden lassen: welches Denken liegt ihrem Tun wohl zugrunde? Ich weiß, dass das schon sehr herausfordernd ist – aber lohnenswert 😉 

8. Sorge für dich: Plane dir bewusst Zeit für Schönes ein. Zeit wirklich nur für dich. Zeit die dir gut tut. Auch hier hilft oft erst einmal eine Sammlung. Eine kleine Freude-Liste. Oder Auftank-Liste. Was gibt dir Kraft? Was nährt dich? 

9. Verfolge deine Fortschritte: Mach dir einen kleinen Tracker in deinen Taschencoach und überprüfe bewusst deine Vorhaben. Wenn du mehr für deine Entspannung tun wolltest, dann schau am Ende des Monates wie gut du warst. Gibt es noch Luft nach oben? 

 So. Und egal wieviele Tipps wir hier noch auflisten, es ist ein immerwährender Weg. Und oftmals sind unsere Routinen sehr fest eingefahrene Bahnen. Das heißt, verliere nicht den Mut. Feier jeden Schritt. Geh an die Grundfeste. Was sind deine Überzeugungen? Welche sind auch heute noch hilfreich? Welche brauchen ein Update? Dazu demnächst mehr.